Sonntag, 21. November 2010

Bunt in grau


Nicht nur die perfekte Kombination zum Blazer, auch am ehesten dessen Äquivalent im Bereich der Hosen, sind graue Flanellhosen. 
Flanell allgemein ist ein leicht angerautes und gewalktes Kammgarngewebe aus verschiedenen Materialien. Das hier gemeinte Flanell ist zumeist aus Merinowolle, teilweise mit Beimischungen aus Kaschmir oder auch Baumwolle. Durch seinen weichen Griff und die leicht melierte Oberfläche ist Flanell weniger formell als anderes Kammgarn und damit ideal für Kombinationen geeignet. Und zwar sowohl für solche mit Blazern als auch Sportjacken oder selbst Pullovern. Flanell gibt es in mittelschweren bis schweren Qualitäten, es eignet sich damit ideal für die Herbst-, Winter- und Frühjahrsgarderobe. Für den Sommer ist es zu warm. 
Grautöne sind deshalb am besten geeignet, weil ihre Neutralität Kombinationen mit fast allem erlaubt. Nicht umsonst schreibt Alan Flusser "Wenn Sie über den Kauf einer Sportjacke nachdenken und Schwierigkeiten haben, sie Sie sich mit mittelgrauen Hosen vorzustellen, gehen Sie weiter." Das heißt noch nicht, dass jede graue Flanellhose zu jeder Jacke und jedem Schuh passt, zumindest aber, wenn sie mittelgrau ist, sind die Chancen gut, dass das dann eher an Jacke oder Schuh liegt. Und es heißt auch nicht, dass Flanell nicht auch in anderen Farbtönen schön wäre. Es ist nur in grau am besten kombinierbar und damit am praktischsten.
Nicht nur bei Flanell, sondern allen Hosen zum Kombinieren empfiehlt es sich, sie mit Aufschlag und Bundfalten zu wählen. Dies unterstreicht deren weniger förmlichen Charakter.
Bei der Anschaffung einer Flanellhose sollte man außerdem in Erwägung ziehen, gleich einen Flanellanzug zu wählen. Bei nahezu allen beruflichen Anlässen ist ein solcher förmlich genug, ausgenommen eigentlich nur sehr konservative Branchen wie Geldwirtschaft oder Juristerei. Hosenumschlag und Bundfalten stören auch hier nicht; bei Zweireihern sind sie sowieso obligatorisch und bei Einreihern gehen sie als etwas sportlichere Details problemlos durch. Abends ist grau allgemein weniger angebracht. Nicht über den Kauf einer grauen Flanellhose nachdenken sollte man eigentlich nur, wenn man bereits mehrere besitzt. 

(Im Bild: Fred Astaire, einer der Ersten, die lässigeres Auftreten im alten Hollywood eingeführt haben, in einer relaltiv hellen grauen Flanellhose. Dazu Monkstraps in cognacfarbenem Rauleder, mittelblaues Hemd, senfgelbe Strickweste, Krawatte in altrosa und ein braun meliertes Tweedsakko mit gemustertem Einstecktuch in rostrot und einer gelben Blume im Knopfloch. Außerdem trägt Astaire Siegelring.)

Dienstag, 12. Oktober 2010

Eine für Alles






































Es gibt genau ein Kleidungsstück für Männer, mit dem man tatsächlich fast immer sowohl gut als auch richtig angezogen ist, mit dem man nur in den seltensten Fällen over- oder underdressed ist. Dieses Kleidungsstück ist der Blazer, eine ein- oder zweireihige Jacke, in der Regel in navyblau mit metallenen Knöpfen, aus Kammgarn-Serge aber auch anderen Kammgarnqualitäten, Flanell oder Hopsack. Der Vollständigkeit halber sei hinzugefügt, dass man aufgrund seines Zwischenstatus auch argumentieren könnte, dass es eigentlich kaum Gelegenheiten gibt, einen Blazer zu tragen, weil man fast immer entweder over- oder underdressed wäre und im einen Fall ein Anzug, im anderen eine Kombination aus Sportjacke und -hosen angemessener wäre. Dann wäre der Platz des Blazers vornehmlich auf Sportveranstaltungen und abendliche Gartenparties reduziert. Hierüber lässt sich trefflich diskutieren, hier aber sei die Meinung vertreten, ein Blazer sei, in verschiedenen Kombinationen, praktisch immer tragbar. 
Diese Vielseitigkeit liegt in erster Linie an den diversen Kombinationsmöglichkeiten, von denen nicht nur eine Klassikerstatus hat. Als klassischste und unbestritten perfekte Kombination für den Blazer gilt die hellgraue Flanellhose. Diese Variante ist von der Formalität nur knapp unter einem Anzug angesiedelt; im Prinzip ist sie sogar förmlicher und zumindest für abends deutlich angemessener als ein Freizeitanzug in ausgefallenen Farben oder starken Mustern. Eine weniger förmliche aber nicht weniger klassische Kombination ist die mit Chinos bzw. Khakis, die auch "Kalifornischer Smoking" genannt wird, z.B. von dem in Kleidungsfragen sehr bewanderten Will Boehlke. Als "Englische Uniform" hingegen gilt der Blazer in Kombination mit einer Cavalry-Twill-Hose, etwa in Bernhard Roetzels Klassiker "Der Gentleman". Eine weitere klassische Kombination, vornehmlich im Sommer, ist die mit weißen Baumwollhosen - vom "Sartorialist" schlicht als "die Uniform" beschrieben. Und selbst zu Jeans passt ein Blazer hervorragend, wie Andy Warhol als erster unter Beweis gestellt hat. Cordhosen mit Blazern genießen zwar keinen Klassiker-Status, sind in etliche Farben aber trotzdem ohne weiteres tragbar. 
Was all diese Kombinationen vereint, ist die Tatsache, dass ein Blazer auch abends angemessen, was für die meisten Sportjacken eher eingeschränkt zutrifft. Was die Kombinationen trennt, sind neben der jeweiligen Förmlichkeit, die weiteren damit zu kombinierenden Kleidungsstücke: Während zu einer grauen Flanell-Hose beispielsweise eine Krawatte und schwarze Schuhe getragen werden sollten, wäre zumindest die Krawatte, eigentlich aber auch schwarze Schuhe, bei der Kombination mit Jeans eher unpassend. Allgemein eignen sich als Schuhe Slipper, Loafer und Mokassins am besten.
Die einreihige und die zweireihige Version des Blazers unterschieden sich nicht in Ihrer Verwendung, wohl aber in ihren Ursprüngen, die allerdings beide nicht ganz gesichert sind. Populär ist die Ansicht, der einreihige entwickelte sich aus den Clubjacken englischer Rudervereine, der zweireihige aus britischen Marinejacken des 19. Jahrhunderts. Andere recht fundierte Meinungen finden sich (nebst vielen Bildern) in Andy Gilchrists großartigem Forum. Neben ihrer Verwendung sind beiden die Farbe und die Knöpfe gemein. Die Farbe ist ein Navyblau, wenn auch beim einreihigen zusehends andere Farben verwendet werden; der einreihige Blazer in Flaschengrün hat z.B. in Amerika selbst beinahe schon Klassikerstatus. Die Knöpfe sind fast immer aus Metall, vor allem Bronze, Silber oder Gold. Die einzigen Alternativen hierzu sind wiederum beim Einreiher blau-emaillierte Knöpfe und an leichten Sommer-Blazern teilweise perlmutterne. Jeder andere Knopf würde eine Unterscheidung zu Anzug-Jacken, die natürlich nicht kombiniert werden sollten, sehr schwierig machen. Auch deshalb, weil einreihige Blazer nicht mehr automatisch aufgesetzte Taschen haben, auch wenn dies die klassische und daher zu präferierende Option ist. Zweireiher haben sowieso Pattentaschen.
Bleibt festzuhalten, dass ein Blazer eine der vielseitigsten Jacken ist, die ein Mann besitzen kann und noch dazu eine der am besten aussehenden. Sollte man nur eine Jacke besitzen - der Blazer wäre vielleicht die vernünftigste Wahl.
  

Dienstag, 7. September 2010

Alles eine Frage der Zeit



Man sollte die Ansprüche an die eigene Kleidung, und dies bedeutet bei Männern eigentlich hauptsächlich die eigenen Anzüge, so hoch, wie nur möglich hängen. Dann ist schade, aber letztlich egal, wenn die Kleidung diesen Ansprüchen nicht immer genügt - zumindest weiß man so, worauf man verzichtet.
Bleibt die Frage, ob amerikanische Maßschneiderei tatsächlich den höchst möglichen Ansprüchen genügt. Sehr hohen Ansprüchen aber sicherlich.  

Frische Luft


Nicht die einzigen, aber mit die wichtigsten Dinge, die man immer dabei haben sollte, sind Pfefferminzpastillen. Denn etwas in Situationen, in denen man es bräuchte, nicht zu haben, ist bei wenigen Dingen unangenehmer. Zu wissen, dass der eigene Atem wohl riecht, kann in vielen Fällen das notwendige Quäntchen Selbstvertrauen mehr bedeuten, das es braucht, um eine Sache erfolgreich zu meistern.
Zu den bekanntesten und von der Verpackung her schönsten Pastillen gehören bereits seit 1780 Altoids, "The Original Celebrated Curiously Strong Mints". Zudem wird ihnen aufgrund der erhöhten Dosis an echtem Pfefferminzöl nachgesagt, sie würden ganz erstaunliche in Mund und anderen Körperteilen bewirken.
Leider sind sowohl die Pastillen als auch die Verpackung von Altoids relativ groß. Eine Alternative sind "Altoids Smalls", eine andere und leichter zu bekommende "Original Odol Pastillen". Dass diese kleinen, starken Pastillen nicht von einem Süßwarenhersteller, sondern einer Firma für Mundhygiene stammen, unterstreicht deren praktische Wirkung.
Welche auch immer, Pfefferminzpastillen sollte man immer dabei haben - für den Fall der Fälle will vorgesorgt sein!

Montag, 6. September 2010

Insel im Strom

Die vielleicht großartigste Möglichkeit auch in der größten Hitze stilvoll gekleidet zu sein, bietet das Guayabera. Die Großartigkeit dieses karibischen Hemdes, dessen Wurzeln in Mexiko oder noch wahrscheinlicher Kuba liegen, beruht zu großen Teilen darauf, dass es mit allem bricht, was ansonsten nahezu unumstößlich für Hemden gilt.
Kein Mann sollte kurzärmlige Hemden tragen - bei Guayaberas ist dies sogar die klassischere Variante.
Ein Hemd sollte immer in der Hose getragen werden - ein Guayabera wird niemals in der Hose getragen.
Ein Hemd sollte möglichst gar keine Tasche besitzen - ein Guayabera besitzt mindestens zwei, eher vier Taschen.
Mann sollte niemals hemdsärmelig auftreten, über ein Hemd gehört eine Jacke - über einem Guayabera eine Jacke zu tragen, wäre nahezu unverzeihlich.
Natürlich ist ein Guayabera auch nicht Bestandteil des, sagen wir, klassisch-britischen Dresscodes. Aber es trägt nicht umsonst auch den Namen Mexican Wedding Shirt - in Mexiko nämlich ersetzt es auch und gerade zu Hochzeiten ohne Weiteres den Anzug. Ebenso in Zimbabwe. In Puerto Rico gehört es zur Nationaltracht und in Kuba, Jamaika und Trinidad ist selbstverständlicher Bestandteil der männlichen Businesskleidung. 
Und ein Kleidungsstück, das in so vielen Ländern äquivalent zu Anzügen und in einigen sogar äquivalent zum Cut getragen wird, kann bei entsprechenden Temperaturen auch in Europa zumindest als Freizeitkleidung auch dann ruhigen Gewissens getragen werden, wenn man sonst nie auf die Idee käme, die Jacke abzulegen, nur weil die Sonne scheint. Lässiger kann man den letzten Sonntag des Sommers kaum begehen.

(Im Bild: Ernest Hemingway im Guayabera vor einer karibischen Bucht)



Samstag, 4. September 2010

Zu Rotwein und kühleren Temperaturen

Die Wetter wird kühler und damit beginnt die Zeit, in der Rotweine wieder eine größere Rolle spielen. Die Zeit für den Rotwein im Bild, einen 2007er Pinot Noir von Justin Boxler aus dem Elsass, allerdings, endet nun eher - ich würde ihn als klassischen Sommerrotwein beschreiben wollen. Würde, da ich eher viel Wein trinke, als viel darüber zu wissen, und Informationen zu gekühlt getrunkenen Rotweinen bei kurzer Recherche auch eher spärlich gesät sind. Die Flasche dieses Weines aber fordert konkret dazu auf ihn zu kühlen und es bekommt ihm ausgezeichnet. Immer noch ein richtiger, wenn auch leichter Rotwein, ist er im Sommer eine willkommene Abwechslung zu Weißweinen und Rosés, passt zu hohen Temperaturen aber deutlich besser, als andere Rotweine. Dass deren Zeit nun beginnt, ist eine der schönen Seiten des Herbstes. 

Freitag, 3. September 2010

Das letzte Wochenende des Sommers


Seersucker (von persisch shir o shekar,  Milch und Zucker) leitet, was Kleidung betrifft, das Ende des Sommers und der Sommergarderobe nicht nur ein; er schreibt es, wenn man puristisch ist, sogar nahezu fest. Seersucker trägt Mann vom Memorial Day, also dem letzten Montag im Mai, bis zum Labor Day, also dem ersten Montag im September. So puristisch muss man nicht sein, schließlich spielen diese amerikanischen Feiertage hier keine Rolle. Dieser klassische amerikanische Anzug- und Jackenstoff aber leider auch nicht; höchstens noch für Hemden oder Bettwäsche, obwohl er für beides eigentlich viel zu schade ist.
Kaum ein Stoff ist im Sommer so angenehm zu tragen und so vielseitig verwendbar. Der beispiellose Tragekomfort kommt durch die spezielle Webtechnik des Baumwollstoffes, bei der sich glatte und geraffte Streifen abwechseln und so immer einen gewissen Abstand zum Körper bewahren, der optimale Luftzirkulation gewährleistet. Vielseitig verwendbar wird er zum einen ganz praktisch dadurch, dass die Baumwolle eine problemlose Reinigung zulässt und die spezielle Webart bügeln nicht nur unnötig, sondern nahezu unmöglich macht. Aber auch seine Geschichte trägt zu seiner Vielseitigkeit bei. Aufgrund der eben beschriebenen Eigenschaften und seines erschwinglichen Preises, zunächst von den Armen Amerikas getragen, machten ihn ab den 1920ern amerikanische Studenten langsam gesellschaftsfähig. Ein Zitat was dem amerikanischen Journalisten und Schriftsteller Damon Runyon zugeschrieben wird, sagt, seine Freunde hätten sich zunächst nicht entscheiden können, ob er arm sei oder einen neuen Trend setzte. Seit letztem Jahrhundert wird Seersucker hautsächlich von Gentlemen der amerikanischen Südstaaten getragen. Hauptsächlich zu eher informellen Gelegenheiten, allerdings ist der Stoff dort, zumindest als Anzug, sogar formell genug, um vor Gericht (man erinnere sich an Atticus Finch in "Wer die Nachtigall stört") oder im amerikanischen Senat getragen zu werden; seit den späten 90ern gibt es dort an einem Tag im Juni den Seersucker Thursday.
Seersucker ist eher ein Stoff für tagsüber als abends, es sei denn zu Feiern, die im Freien stattfinden. Warum Feiern im Sommer aber woanders stattfinden sollte, ist auch die Frage. Durch seine Haptik und Farbgebung, vor allem hellblau-weiß in gleichmäßigen Streifen, selbst traditionell aber auch andere Farben mit weiß, behält Seersucker bei aller Klassik und Konservativität immer auch etwas leicht Exentrisches, Auffälliges und Frisches. Perfekt kombiniert ist Seersucker mit weißem Hemd, ebenfalls weißen Bucks oder Spectator Schuhen und einem Mint Julep.
Nächsten Montag ist der 6. September, wer kann, sollte dieses Wochenende daher noch einmal Seersucker tragen und unter freiem Himmel auf die (zucker)süßen Seiten des Sommers anstoßen!

(Im Bild: eine nicht ganz klassische Seersucker-Sportjacke aus der letztjährigen Musterkollektion von Roy Robson. Die blauen Streifen sind zu dunkel und zu schmal, die weißen zu breit und die Knöpfe wären besser hell als dunkel. Im Knopfloch eine Samtveilchen-Blüte.)